Abmahnung

Die Abmahnung im

Arbeitsrecht

 

Eine Abmahnung spielt im Arbeitsrecht eine wichtige Rolle, wenn der Arbeitnehmer gegen arbeitsvertragliche Pflichten verstößt und geht regelmäßig einer ordentlichen verhaltensbedingten Kündigung voraus.

 

1. Was ist eine Abmahnung? Welche Funktionen hat die Abmahnung im Arbeitsrecht?

 

Zunächst dokumentiert der Arbeitgeber mit der Abmahnung das dem Arbeitnehmer vorgeworfene Verhalten (Dokumentationsfunktion).  

 

Die Abmahnung enthält den Hinweis, dass es sich um eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung handelt, die der Arbeitnehmer entweder durch ein aktives Tun oder durch ein Unterlassen einer Handlung begangen hat (Hinweisfunktion).

 

Dem Arbeitnehmer werden ebenfalls arbeitsrechtliche Sanktionen für den Wiederholungsfall angedroht (Warnfunktion).

 

Nur wenn alle drei Funktionen miteinander verbunden werden, handelt es sich um eine Abmahnung im arbeitsrechtlichen Sinne.

 

Nur dann, wenn die Abmahnung auch ordnungsgemäß erteilt wurde und der Arbeitnehmer erneut gleichartige Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis verletzt, kann bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen eine verhaltensbedingte Kündigung ausgesprochen werden.

 

Die Wirksamkeit der Abmahnung sollte immer von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht geprüft werden. Häufig weisen Abmahnungen erhebliche formalen Mängel auf, welche zur Unwirksamkeit führen. In diesen Fällen ist die Abmahnung aus der Personalakte zu entfernen.

 

2. Welche Pflichtverletzungen berechtigen den Arbeitgeber zur Abmahnung?

 

Mögliche Gründe für eine Abmahnung im Arbeitsrecht sind zum Beispiel:

 

- Zuspätkommen zur Arbeit

- schlechte Arbeitsleistung

- Beleidigungen von Kunden, Kollegen oder Vorgesetzten

- Arbeitsverweigerung

- unentschuldigtes Fernbleiben

- Verletzung von Anzeige- und Nachweispflichten bei Arbeitsunfähigkeit

- Urlaubsantritt ohne vorherige Genehmigung

- Nichtanzeige einer ausgeübten Nebentätigkeit

- private Nutzung des betrieblichen Internet- oder Telefonanschlusses

- Alkohol- oder Drogenmissbrauch während der Arbeitszeit

- Datenschutzverstöße

- Mobbing

- sexuelle Belästigung

 

Der vorgeworfene Lebenssachverhalt muss auch inhaltlich zutreffend sein. Allein der Arbeitgeber trägt hierfür die Beweislast.

 

3. Welche formalen Anforderungen sind an die Abmahnung zu stellen?

 

Um der Dokumentationsfunktion gerecht zu werden, muss das dem Arbeitnehmer vorgeworfene Fehlverhalten genau bezeichnet werden. Nur pauschale Vorwürfe, wie etwa „Sie sind wiederholt unpünktlich zur Arbeit erschienen“, genügen nicht den Anforderungen.

 

Auch wenn sich aus dem Kontext der Abmahnung die Missbilligung des vorgeworfenen Verhaltens ergibt, sollte der Arbeitgeber im Rahmen der Hinweisfunktion die Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflicht konkret benennen.

 

Die Abmahnung muss zwingend den Hinweis enthalten, dass im Falle der Wiederholung einer (gleichgerichteten) Pflichtverletzung die Kündigung des Arbeitsverhältnisses droht.

 

Die Warnfunktion kann dadurch abgeschwächt werden, dass der Arbeitgeber bei ständig neuen Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers stets nur abmahnt und auf die Androhung der Kündigung keine Taten folgen lässt. Es kann daher erforderlich sein, dass der Arbeitgeber die letzte Abmahnung vor der Kündigung besonders eindringlich gestaltet.

 

4. Wie oft muss der Arbeitgeber vor dem Ausspruch der Kündigung abmahnen?

 

Grundsätzlich muss einer gleichgelagerten Pflichtverletzung eine Abmahnung vorausgegangen sein, um eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung zu rechtfertigen.

 

Wie oft der Arbeitnehmer zuvor abgemahnt worden sein muss, richtet sich nach dem Einzelfall. Der soziale Besitzstand des Arbeitnehmers und die Schwere des Pflichtverstoßes sind von zentraler Bedeutung, um diese Frage beantworten zu können.

 

Wichtig zu beachten ist, dass eine Pflichtverletzung auch ohne den vorherigen Ausspruch einer Abmahnung zu einer Kündigung führen kann. Dies gilt für besonders schwerwiegende Pflichtverletzungen, deren Rechtswidrigkeit dem Arbeitnehmer ohne weiteres erkennbar ist und bei denen es offensichtlich ausgeschlossen ist, dass sie der Arbeitgeber hinnimmt. Auch ohne eine vorherige Abmahnung kann eine verhaltensbedingte Kündigung gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitnehmer nicht willens oder in der Lage ist, sich vertragstreu zu verhalten.

 

Bei einer außerordentlichen fristlosen Kündigung bedarf es einer vorherigen Abmahnung wegen derart schwerwiegenden Pflichtverletzungen von vornherein nicht.

 

5. Muss der Arbeitgeber eine Frist beachten?

 

Es existiert keine Regelausschlussfrist hinsichtlich der Länge der Zeit, die zwischen einer Pflichtverletzung und dem Ausspruch einer Abmahnung liegt.

 

Damit eine Abmahnung allerdings ihre Warnfunktion entfalten kann, sollte sie zeitnah erfolgen. Spricht der Arbeitgeber erst zu einem viel späteren Zeitpunkt die Abmahnung aus, obwohl er bereits Kenntnis von der Pflichtverletzung hatte, läuft er Gefahr, dass der Abmahnung keine oder nur eingeschränkte Rechtswirkung zukommt.

 

6. Wie lange kann eine Abmahnung für eine spätere verhaltensbedingte Kündigung berücksichtigt werden?

 

Es ist in jedem Fall eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, ob und nach welcher Zeit die Abmahnung ihre Warnfunktion verliert und somit auch keine Wirkung in Bezug auf eine verhaltensbedingte Kündigung entfaltet. Von besonderer Bedeutung ist immer die Schwere des der Abmahnung zugrunde liegenden Pflichtverstoßes. Die Rechtsprechung schwankt zwischen einem Zeitraum von zwei und über dreieinhalb Jahren.

 

7. Wann ist eine Abmahnung aus der Personalakte zu entfernen?

 

Auch wenn die Abmahnung wegen Zeitablauf ihre Warnfunktion verloren hat, steht dem Arbeitnehmer nicht zwangsläufig ein Recht auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte zu. Der Arbeitgeber wird regelmäßig ein berechtigtes Interesse an der Dokumentation der Pflichtverletzung haben. Mit der Ausnahme von Bagatellverstößen können nämlich Pflichtverstöße für die weitere Entwicklung des Arbeitsverhältnisses oder seine Beendigung auch in ferner Zukunft noch eine Rolle spielen.

 

Nur dann, wenn bei einer zu Recht erteilten Abmahnung kein schutzwürdiges Interesse des Arbeitgebers mehr an dem Verbleib der Abmahnung in der Personalakte besteht, hat der Arbeitnehmer ein Recht auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte.

 

Wenn eine Abmahnung zu Unrecht ausgesprochen wurde, kann der Arbeitnehmer die Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte verlangen. Dieser Anspruch besteht, wenn die Abmahnung inhaltlich unbestimmt ist, unrichtige Tatsachenbehauptungen enthält, auf einer unzutreffenden rechtlichen Bewertung des Verhaltens beruht oder den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt.

 

8. Sollte ich mich gegen eine Abmahnung wehren?

 

Es kommt auf den Einzelfall an. Grundsätzlich steht es dem Arbeitnehmer frei, ob er zunächst nicht gegen die Abmahnung vorgeht, eine Gegendarstellung verfasst oder einen Antrag auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte beim zuständigen Arbeitsgericht stellt.

 

Oft kann es taktisch sinnvoll sein, sich zunächst nicht gegen die Abmahnung zu wehren, sondern erst in einem eventuellen späteren Kündigungsschutzprozess.

 

9. Wer darf eine Abmahnung erteilen?

 

Die Abmahnung muss vom Arbeitgeber selbst oder einem abmahnungsberechtigten Vertreter erteilt werden. Nur diese Personen dürfen die Abmahnung auch unterzeichnen. Abmahnungsberechtigt ist grundsätzlich jeder Mitarbeiter, der dazu befugt ist, Arbeitsanweisungen hinsichtlich Zeit, Ort und Art und Weise der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung zu erteilen.

 

10. Wann wird eine Abmahnung wirksam?

 

Eine Abmahnung ist eine empfangsbedürftige, geschäftsähnliche Handlung. Damit die Abmahnung ihre Wirkung entfalten kann, muss sie dem Arbeitnehmer zugegangen sein. Ob dies der Fall ist, muss der Arbeitgeber beweisen.

 

11. Muss der Arbeitnehmer den Erhalt der Abmahnung durch Unterschrift bestätigen?

 

Nein! Den Arbeitnehmer trifft keine solche Verpflichtung. Die Unterschrift dient dem Arbeitgeber zu Beweiszwecken, wenn der Arbeitnehmer zu einem späteren Zeitpunkt bestreitet, dass er die Abmahnung erhalten hat.

 

Unterzeichnet der Arbeitnehmer den Erhalt der Abmahnung, bedeutet dies grundsätzlich nicht, dass die Abmahnung dem Grunde nach akzeptiert wird.

 

12. Ist der Betriebsrat zu beteiligen?

 

Beteiligungsrechte des Betriebsrats bestehen in Bezug auf die Abmahnung nicht. Insbesondere ist der Betriebsrat vor dem Ausspruch der Abmahnung nicht anzuhören. Genauso wenig kann der Betriebsrat eine Abschrift der Abmahnung verlangen.

 

Hört der Arbeitgeber den Betriebsrat vor dem Ausspruch der verhaltensbedingten Kündigung an, muss der Betriebsrat in der Betriebsratsanhörung ebenfalls über erteilte Abmahnungen und vorliegende Gegendarstellungen des Arbeitnehmers informiert werden.

 

Bei einem schwerbehinderten Arbeitnehmer ist die Schwerbehindertenvertretung zu beteiligen, wenn das abzumahnende Verhalten auf der Behinderung des Arbeitnehmers beruhen kann.

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